Themen

Wiederverkörperung und Schicksal

Wer über den Sinn seines Lebens tief genug nachdenkt, bemerkt, wie er an die Grenzen von Geburt und Tod stößt. Dabei muß er sich fragen, ob es Erfahrungen gibt, die es ihm ermöglichen, diese Grenzen mit seinem Bewußtsein zu überschreiten, und wie diese Erfahrungen seinem Leben einen erweiterten Sinn geben können.

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«Es kann also bei jemandem das Hellsehen noch so sehr ausgebildet werden - wenn er nicht in früheren Inkarnationen gearbeitet hat mit den Mitteln des Unterscheidungsvermögens, des logischen Denkens, dann kann er sich an eine frühere Inkarnation nicht erinnern. Damals hat er nicht hingesetzt die Marke, an die er sich erinnern soll.»

(aus Rudolf Steiner: Die tieferen Geheimnisse des Menschheitswerdens im Lichte der Evangelien, Vortrag vom 13.11.1909. GA 117, Dornach 1986.)

Karma-Erkenntnis

Schon früh beschäftigte sich Rudolf Steiner mit Fragen nach dem Wirken von Karma und Schicksal, und noch in seinen letzten Vorträgen wollte er die Menschen dafür begeistern, die richtigen Folgerungen aus den Gesetzmäßigkeiten von Karma und Wiederverkörperung zu ziehen. Ein Gang durch Textstellen Steiners verfolgt die Entwicklung des Karma-Begriffs und zeigt, dass die Karma-Idee nur fruchtbar ist, wenn sie in Zusammenhang gebracht wird mit der Idee von wiederholten Erdenleben.

Rudolf Steiner, Karma und Wiederverkörperung, Ausgewählte Texte (hg. von Hans Stauffer), Basel, Rudolf Steiner Verlag, 2016.

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„Der Mensch, wie wir ihn vor uns haben nach seiner Hauptesorganisation, weist nach dem vorigen Erdenleben. - Wie unsere Intelligenz nach dem fernen, urfernen vergangenen Sonnenleben weist, so weist unsere gegenwärtige physische Hauptesorganisation mit der irdischen Artung der Erkenntnisfähigkeiten, das heißt für die Hinorganisierung der Erkenntnisfähigkeiten auf das Ich-Bewußtsein, zurück in unseren früheren Erdenlauf. Ich habe schon früher darauf aufmerksam gemacht, was das menschliche Haupt eigentlich ist. Schematisch können Sie sich folgendes sagen: Der Mensch besteht aus dem Haupte und aus der übrigen Organisation. - Sagen wir (siehe Zeichnung), das ist der jetzige Lebenslauf (Mitte), das ist der vorige Lebenslauf (links), das ist der folgende Lebenslauf (rechts). So können wir sagen: Das Haupt unseres gegenwärtigen Lebenslaufes ist entstanden durch Metamorphose unserer übrigen Leibesorganisation im vorhergehenden Lebenslauf, und unseren Kopf vom vorigen Lebenslauf haben wir verloren. - Natürlich verstehe ich da nicht - das ist ja handgreiflich - die physische Organisation, sondern die Kräfte, die Formkräfte, die die physische Organisation wirklich hat. Dasjenige, was wir außer der Hauptesorganisation, der Trägerin der Erkenntnisfähigkeiten für das Ich, jetzt an uns tragen als übrige Menschenorganisation, Rumpf mit Gliedmaßen, das wird Hauptesorganisation unseres künftigen Erdenlebens. ..." (Lit.: Fünfzehnter Vortrag, Dornach, 15. Februar 1920 GA 196, S. 229f)

aus dem 15. Vortrag, Dornach, 15. Februar 1920

Die Erkenntnis von Reinkarnation und Karma ist eine Fragestellung, die heute immer mehr Menschen existenziell bewegt. Rudolf Steiner hat seit 1903 dieses Thema in Vorträgen, in den schriftlichen Werken Theosophie und Die Geheimwissenschaft im Umriss sowie künstlerisch in den Mysteriendramen bearbeitet. Im Jahr 1924 intensivierte er die Darstellung seiner Forschungsergebnisse in über 80 Vorträgen. Aus der Perspektive der Erkenntnis von Reinkarnation und Karma ist das Leben kein Zufallsprodukt, sondern ein durch karmische Voraussetzungen gebildetes Gewebe, dass mit Hilfe von meditativen Übungen erkannt werden kann. Die Herkunft des Menschen aus kosmischen Weiten, seine Verwurzelung in früheren Kulturen und der Schicksalsauftrag, der ihn in bestimmte Menschenbeziehungen und Gemeinschaftszusammenhänge hineinstellt, sind Lebensrätsel, die als Erkenntnisaufgaben im Zeitalter der Bewusstseinsseele zu ergreifen sind. Wie die letzte Ansprache Rudolf Steiners am 28. September 1924 zeigt, liegt in der Beschäftigung mit dem Thema Reinkarnation und Karma ein Vermächtnis Rudolf Steiners.

 

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