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Hörner vergraben

Michelle und Nathan Baumann bewirtschaften den Oswaldhof in Klarsreuti. Das junge Paar hat sich bewusst für einen biodynamischen Betrieb entschieden.

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Bienenvolk und Demeterimkerei

Praxis und Hintergründe einer biologisch-dynamischen Bienenhaltung. Neuer Kurs am Goetheanum in Dornach.

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100 Jahre Landwirtschaftlicher Kurs

Im Jahre 1924 entwickelte Rudolf Steiner in seinem Landwirtschaftlichen Kurs die Methoden der Biodynamik.

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Für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Züchtung

Nun denkt der Bundesrat über «eine behutsame Öffnung einer risikobasierten Zulassungsregelung für mit neuen Züchtungstechnologien hergestellte Pflanzen und Saatgut» nach. Demeter sagt 'Nein' zu jeglicher Art von Gentechnik

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Biodynamische Landwirtschaft und Hybridsorten

Fachkonferenz zum Thema «Biodynamische Landwirtschaft und Hybridsorten»: Fast hundert Menschen fanden sich ein, die alle von diesem Thema unmittelbar betroffen sind: Anbauer, Züchterinnen, Ernährungsfachleute, Vertreter des Handels und Konsumenten.

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Über den Tellerrand hinaus

Wir können mit einer kurzen Übung, welche «die 3 Fragen» genannt wird, einen ersten Schritt für die Gesundheit und die Erde tun. Sie nimmt nicht viel Raum ein und kann überall und täglich geübt werden.

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Ausgezeichneter Demeter-Wein

Demeter-Winzer Marco Casanova aus Walenstadt gewinnt den Prix Vin Bio für seinen Likörwein Wale-Port. Beim Grand Prix du Vin Suisse 2023 wurden die besten Weine der Schweiz gekürt.

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Nach innen wachsen statt nach außen

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„Wenn die Höfe wie Leuchttürme in der Landschaft werden, dann können daraus Entwicklungsimpulse für die ganze Gesellschaft hervorgehen.“Stefan König

„Es kommt nicht auf die Größe eines Betriebes an. Authentisch sein, Liebe zeigen für das, was man tut – das ist Demeter.“Kai Holtröhr

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Umringt von Wiesen, Feldern und bewaldeten Hügeln liegt der Demeter-Hof Sackern, geschützt zwischen alten Eichen – ein jahrhundertealtes Einzelgehöft nahe Wetter an der Ruhr. Denkmalgeschützt ist das Haupthaus aus dem 19. Jahrhundert. Verstreut auf dem großzügigen Gelände liegen die Ställe, Wirtschafts- und Wohngebäude, teils in traulicher Nähe zueinander, teils zu erreichen über geschwungene Wege, vorbei an Blumenbeeten und Stauden, zwischen denen hier Fachwerk aufblitzt, und dort eine Kinderschaukel. Ein Ort im Einklang mit seiner Umgebung. Kaum zwanzig Kilometer vom Ruhrgebiet entfernt.

Seit 1984 wird Hof Sackern biodynamisch bewirtschaftet. Klein ist der Hof mit seinen knapp fünfzig Hektar Land, meist werden Bauernhöfe dieser Größe im Nebenerwerb betrieben. Auf Hof Sackern hingegen leben derzeit 14 Erwachsene und 12 Kinder von dem, was hier wächst und üppig gedeiht. Wenn Stefan König, einer der sieben Gesellschafterinnen und Gesellschafter, mit dem Traktor vom Feld zurück auf den Hof kommt, überlegt er oft voller Staunen, was gerade alles gleichzeitig passiert: Tiere werden versorgt, der Lieferwagen wird beladen, Gemüse geputzt, im Hofladen ist reger Betrieb, eine Lieferung Saatgut trifft ein, im Haupthaus wird für alle gekocht, der Mechaniker repariert ein Getriebe, eine Schulklasse ist zu Besuch. Ein lebendiges Wuseln: „Fantastisch!“

Aus Freude an der Vielfalt

Eine Idee von einem nicht auf „größer, schneller, mehr“ bezogenen Wachsen geben auf Hof Sackern die außergewöhnliche Vielfalt der landwirtschaftlichen Erzeugnisse vom Acker bis hin zu den Tieren und die verschiedenen Veredelungs- und Verarbeitungsstufen, die auf dem Hof stattfinden: Ob Brotbacken, Jungpflanzenaufzucht oder die Herstellung der Biodynamischen Präparate – so viele Arbeitsschritte wie möglich führen die drei Bäuerinnen und vier Bauern selbst aus, gemeinsam mit fünf Angestellten, drei Auszubildenden und etlichen Helfer*innen. Ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse, ob Kartoffeln, Gemüse, Milchund Fleischprodukte, Obst oder Eier, vermarktet die Hofgemeinschaft direkt, im eigenen Hofladen oder per Abokiste, von denen wöchentlich 300 individuell bestückt und ausgeliefert werden. Das Getreide – Weizen, Roggen, Dinkel – verwandelt die Hofbäckerei in ein breites Sortiment an Backwaren, vom 1,5-Kilo-Laib Brot bis zum Apfelkuchen. Fleisch wird zu Wurst, geschlachtet zwar auswärts, aber auf dem Hof geräuchert und verpackt. Neben Kuhmilchprodukten gibt es schon lange auch Ziegenmilch und -käse. „Man kann nur die wichtigsten Gemüsearten anbauen oder zu den jetzt 35 Sorten auch noch ein paar dazunehmen“, beschreibt Stefan König die auf Hof Sackern gehegte Idee des Wachstums. Vergleichen lasse sich das mit der Kupferkristallisation, bei der ein Kristall sich immer weiter verästelt und komplexer wird, ohne dabei größer zu werden. „Bei jeder einzelnen Gemüsekultur könnte man denken: Das lohnt sich ja eigentlich nicht. Aber zusammen ergibt das eine schöne Vielfalt.“

Freiraum für Entfaltung

Begründet liegt der Reichtum der Produktpalette in den Leidenschaften und Neigungen der am Hof beteiligten Menschen: „Hier gibt es den Freiraum für die Entfal tung“, erzählt Stefan König. „Und mit jeder neuen Person auf dem Hof kommt eine neue Qualität hinzu.“ Lebendige Veränderung ist dem Hofkosmos eingeschrieben: Sara Burri etwa hatte Lust, die Hofgäste zu bewirten, die nach dem Einkauf im Laden gerne etwas Zeit auf dem geschützt zwischen alten Eichen liegenden Hofgelände verbringen oder gemeinsam mit ihren Kindern die Ställe besuchen wollen. Mit wenig mehr als einer Espressomaschine baute Sara Burri einen kleinen Cafébetrieb auf. Weil es zur Zeit noch keine freien Räumlichkeiten gibt, sitzen die Besucher*innen von Frühling bis Herbst im Freien und im Winter in einer ehemaligen Abkalbebucht im Kuhstall, wo an Weihnachten auch das Krippenspiel stattfindet. Eine pragmatische Entscheidung, die aber zur besonderen Atmosphäre auf Hof Sackern beiträgt. „Das ist ein ganz alter Ort, der eine Menge Geistigkeit in sich trägt“, beschreibt Christine Noetzel ihren Lebensort. Als Bäckerin und Gesellschafterin ist sie mit ihrem Mann Frank Noetzel, der sich um die Vermarktung und den Laden kümmert, seit 26 Jahren Teil der Gemeinschaft auf dem Hof. Bewirtschaftet wurde das Land hier wohl schon im Mittelalter. „Das spürt man“, ist sich Christine Noetzel gewiss.

Gemeinschaft als kräftiges Konstrukt

Das Besondere strahlt aus: „Viele in unserem Umkreis haben die Empfindung, aktiv am Hof beteiligt zu sein“, erklärt Stefan König. Geteilt wird auf Hof Sackern aus Überzeugung und mit Vergnügen. Jeden 3. Oktober etwa lädt die Hofgemeinschaft ein zum Präparatefest. Dort helfen die Besucher*innen beim Hörnerstopfen für die Hornmist-Zubereitung oder beim Rühren des Spritzpräparats, das dann gemeinsam auf den Feldern ausgebracht wird. All die direkt oder indirekt beteiligten Menschen machen Hof Sackern zu einem „kräftigen Konstrukt“, wie Stefan König sagt. Dabei sind auch die Jüngsten mit einbezogen: Die Pädagogik ist ein Herzensanliegen von Vera Strnadova, die mit ihrem Mann Kai Holtröhr und vier Kindern seit acht Jahren auf dem Hof lebt und zuvor als Lehrerin gearbeitet hat. An vier Tagen pro Woche sind junge Menschen zu Besuch. Einige Schulklassen und Gruppen aus Waldorfkindergärten kommen regelmäßig und übernehmen eigene Aufgaben: Sie helfen beim Ausmisten der Ställe, dem Füttern der Tiere oder bei der Kartoffellese. Mit den Kleinsten geht Vera Strnadova auch mal Kräuter für die Präparateherstellung sammeln – „wenn zwanzig Kinder eine Stunde sammeln, kommt einiges an Löwenzahn zusammen“, sagt Stefan König.

Harmonischer Hofkosmos

Alles greift ineinander auf Hof Sackern: „Jeder findet seine Nische und es passt super zusammen“, freut sich der Landwirt. Harmonisch ist der über lange Zeit entstandene Hofkosmos, den Stefan König mit einem Ameisenhaufen vergleicht. Das vermeintliche Durcheinander hat eine fein austarierte Struktur, innerhalb derer jede*r seine und ihre Aufgaben kennt und zuverlässig wahrnimmt. Dabei hilft man einander aus. Die Ernte oder die Präparateherstellung werden ohnehin zusammen erledigt, und bis auf das recht komplizierte Abonnentenprogramm und das Backen können die meisten Beteiligten alle Tätigkeiten auf dem Hof ausführen. Das fördert das Verständnis füreinander. Eigenverantwortung ist dabei die Grundlage der gemeinsamen Bewirtschaftung, aber auch die Abstimmung ist eng auf Hof Sackern: bei der morgendlichen Besprechung im Stall, in der Kaffeepause am späteren Vormittag, beim kollektiven Mittagessen in der Gemeinschaftsküche oder den wöchentlichen Besprechungen der Gesellschafter*innen. Diskutiert wird das wirklich Wesentliche, und lieber probiert die Hofgemeinschaft etwas aus, als sich in kleinteiligen Abstimmungsprozessen zu verlieren. Aber wenn etwas Größeres ansteht, kann es schon einmal länger dauern bis zur Entscheidung, denn diese, bekräftigt Christine Noetzel, wollen sie friedlich und einstimmig treffen.

Raum für gewachsene Strukturen

Ein großer Wunsch der Betriebsgemeinschaft ist der Neubau für die Backstube. Deren Grenzen sind nach 25 Jahren organischen Wachstums erreicht. Statt 100 Broten pro Woche backen Christine Noetzel und der seit 17 Jahren angestellte Bäckermeister mittlerweile rund 400 Brote wöchentlich. An Backtagen werden auch die Haushaltsöfen mit benutzt: „Die Bäcker sausen in die Wohnungen, stecken hier nochmal sechs Laibe in den Ofen, dort acht“, erklärt Stefan König, der mit seiner Familie direkt gegenüber der Backstube im Haupthaus wohnt. Im Flur steht ein Schrank voller Getreidesäcke, denn einen eigenen Lagerraum gibt es nicht. Zur Getreidemühle müssen die Bäcker durch den Stall laufen. Eine neue Backstube könnte die Wege vereinfachen und allen Vorgängen mehr Platz bieten. Auch hier folgt die solidarische Gemeinschaft auf Hof Sackern ihrer wertorientierten Wirtschaftsweise, die nach Verbesserung statt Ausweitung strebt: Mehr Brot zu backen, ist nicht das oberste Ziel.

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Sieben gleichermaßen verantwortliche Gesellschafter*innen tragen Hof Sackern: Christine und Frank Noetzel, Vera Strnadova und Kai Holtröhr sowie Stefan König und Sara Burri mit ihren Familien. Seit Beginn der biodynamischen Bewirtschaftung dabei ist Matthias Fischer-Knorpp, der neben seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit den Trägerverein verwaltet und die Bücher führt.

Auf Hof Sackern leben…

  • 12 Kühe mit Bulle und Nachzucht
  • 14 Schweine,
  • 8 Ziegen
  • 6 Bienenvölker
  • Rund 400 Hühner

sowie Ponys, ein paar Schafe, Hunde und Katzen. Eine Besonderheit: Auch die Bruderhähne der Zweinutzungsrasse Domäne Silber wachsen mit auf. Sie werden zwei bis fünf Monate gemästet und dann als hochwertige Brathähnchen verkauft. Im Gemüsebau wiederum wird der größte Teil der Jungpflanzen mit eigener Anzuchterde und samenfestem Saatgut selbst produziert.

 

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