Die weitere Entwicklung
Zudem besteht seit Februar 1921 in Dornach die „Friedwart-Schule“, die als Fortbildungsschule für Jugendliche ab 14 Jahren geführt wird, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen keine Grundschule ermöglichen (Ernst Blümel, Louise van Blommestein, Marie Groddeck, Hilde Boos-Hamburger, Hermann Linde). Sie wird zeitweise auch als Internat betrieben und besteht bis in die 50er-Jahre. Bis 1933 kommen weitere 9 Schulgründungen hinzu. Die Schulen in Essen, Köln, Lissabon und Budapest bestehen dann schon nicht mehr. So gibt es 14 Jahre nach der ersten Gründung 1919 17 Waldorfschulen mit ca. 3.200 Schülern, davon acht in Deutschland. Ab 1934 kommt es in den deutschen Schulen zu Aufnahmesperren, „da der Unterricht und die Erziehung der Waldorfschule den Grundsätzen des Nationalsozialismus nicht entsprechen und da nicht zu erwarten ist, dass die Lehrerschaft […] sich mit Überzeugung zu diesen Grundsätzen bekennen kann“ (nach Werner 1999, S. 107 f.), es folgen zwischen 1936 und 1941 Selbst- und Zwangsschließungen der Schulen in Deutschland; nach der Besetzung Österreichs 1938 die Schließung der Wiener Schule und 1941 der Schule in Den Haag. Mit der Emigration von Lehrern in die Schweiz, USA oder nach England entstehen dort Neugründungen, andere warten während der Zeit des Nationalsozialismus auf die Möglichkeit, die Schulen unter neuen politischen Bedingungen wieder zu eröffnen.
So können nach dem Zweiten Weltkrieg bis Mitte Oktober 1945 die Schulen in Hamburg-Wandsbek, Hannover und Stuttgart wieder mit dem Unterricht beginnen und drei neue Schulen gegründet werden: in Stuttgart/Engelberg, in Marburg und in Tübingen. 1951 gibt es in Deutschland bereits 24 Schulen und viele weitere gründungswillige Eltern und Schulvereine – jedoch nicht genügend ausgebildete Lehrer, was zu einem Gründungsstopp des Bundes der Waldorfschulen in Deutschland (s.u.) führt, sodass bis Ende der 60er Jahre in Deutschland nur einzelne Schulen (Wilhelm-Ernst Barkhoff) hinzukommen. Bis 1955 entstehen in Großbritannien vier weitere Schulen, in der Schweiz und den USA je drei, in Dänemark und Frankreich je zwei, in Finnland, Schweden, Italien, Argentinien und Brasilien jeweils eine, sodass bis Mitte der 50er-Jahre weltweit 62 Schulen, davon 53 in Europa und neun in Amerika arbeiten. Ende der 60er-Jahre setzt ein zweiter Schub von Neugründungsinitiativen ein, der auch durch den Gründungsstopp nicht mehr aufgehalten werden kann. Bis 1975 verdoppelt sich die Anzahl der Schulen auf 113 weltweit, bis 1992 sind es 567 Schulen, im Jahr 2000 sind es 877 Schulen, davon 178 in Deutschland.
Diese Ausbreitung bringt eine vielfältige Differenzierung mit sich: Je nach kulturellen, religiösen und regionalen Kontexten entstehen eigene Modelle und Lehrpläne, z. B. mit Schwerpunkt auf integrierter Lehrlingsausbildung (Hibernia-Schule in Herne, Waldorfschule Kassel), mit Waldorfschulpädagogik in staatlichen Schulen (Freie Pädagogische Vereinigung), aber auch pädagogische Arbeit mit straffälligen Jugendlichen, Internatsschulen, pädagogische Kulturarbeit in Elendsvierteln, Schulmodelle zur Integration von Minderheiten, heilpädagogische Schulen (Heilpädagogik und Sozialtherapie) und Sonderschulen u. v. a. aus diesem neuen pädagogischen Ansatz (Überblick und Statistik in: Freunde der Erziehungskunst, 2001).