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Nicanor Perlas - Ein Freund und großer Dreigliederer ging über die Schwelle

Nicanor stand für ein globales, modernes, dynamisches und integrierendes Dreigliederungsverständnis. Gestern früh (Ortszeit) überschritt er in Bulacan (Philippinen) die Schwelle zur geistigen Welt.

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Die Jugendsektion in L'Aubier

Die Schweizer Berge mit ihrem saftigen Grün, dem tiefblauen Neuenburger See und den weiß schimmernden, schneebedeckten Gipfeln in der Ferne, empfingen uns ebenso herzlich, wie Marc Desaules, Mitgründer von L’Aubier, im dortigen Biohotel.

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transparenz 90

In dieser Ausgabe haben wir einige Neuerungen umgesetzt: eine Gastkolumne  – in dieser Ausgabe von Melanie Gajowski – und einen Kundenbeitrag. Der Schriftsteller und Kunde Ralph Schröder berichtet von seinem Weg zu unserer Bank. Unter dem Titel «Frag’ Jonas» haben wir eine neue Rubrik eingeführt

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Schweizer Mitteilung

Nachruf Daniel Maeder

Im Gedenken an Daniel Maeder und voller Respekt für sein Lebenswerk

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Film: Land in Sicht

Die Spekulation mit Grund und Boden treibt die Bodenpreise in die Höhe und verschärft die soziale Ungerechtigkeit am Wohnungsmarkt. Das Ziel der Stiftung Edith Maryon ist es, Boden der Spekulation zu entziehen und diesen für soziale, landwirtschaftliche und kulturelle Nutzungen zur Verfügung zu stellen.  

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transparenz Nr. 89

Was bringt Menschen dazu, scheinbar Unmögliches zu denken und dann auch zu realisieren? In unserer neuen «transparenz» lesen Sie wieder Geschichten von Menschen, die an ihre Ideen glauben und viel Kraft und Mühe investieren, um sie umzusetzen.

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Perspektiven zum Geld

Am Samstag, 17. August 2024 findet das Forschungskolloquium "Perspektiven zum Geld" in Winterthur statt. Als Referenten wirken mit: Marc Desaules, Samirah Kenawi, Jean-Marc Decressonnière, Jens-Martignoni und Fionn Meier.

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Nicanor Perlas - Ein Freund und großer Dreigliederer ging über die Schwelle

Eine Schlüsselfigur im Bemühen um eine partizipative Gestaltung der Globalisierung

Nicanor Perlas

Das Überschreiten von Schwellen und Grenzen gehörte zu seinen ständigen Übungen. Er lief vor den machtvollen Erscheinungen des Bösen in unserer dicht am Abgrund taumelnden Welt nie davon, sondern erforschte sie, rang mit ihnen, bot ihnen die Stirn, setzte sich mit ihnen auseinander und ihnen entgegen, immer im entschlossenen Bemühen, für das Gute einzutreten und der Freiheit, dem Recht und der Sozialität Wege offenzuhalten. Er ging dabei über viele Grenzen – der Länder, der Gewohnheiten, des Denkens, der Fachgebiete, der Machtansprüche, des von den Mächtigen Erlaubten und des Üblichen. So wurde er zum Ermutiger, Vorkämpfer und Vorbild für viele, in aller Welt.

Nicanor studierte Agrarwissenschaften und kämpfte gegen Atomkraftwerke, Pestizide und die allmähliche Zerstörung von Erde und Mensch durch eine chemisierte und industrialisierte Landwirtschaft. Mit 28 Jahren musste der am 10. Januar 1950 Geborene deshalb die Philippinen, seine unter der Kontrolle des totalitären Diktators Ferdinand Marcos stehende Heimat, für unbestimmte Zeit verlassen. Erst nach Marcos Tod konnte er zurückkehren. Nun begann er, den Widerstand gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen und den Einsatz für tragfähige gesamtgesellschaftliche Alternativen langfristig zu organisieren. So gründete er das «Center for Development Alternatives» (CADI), das sich für eine ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft und eine nachhaltige Entwicklung einsetzt, sowie ein Bankensystem («Lifebank»), das Kleinbauern das Überleben sichern soll. Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entwicklung der trisektoralen Partnerschaft, eines runden Tischs von Zivilgesellschaft, Staat und Geschäftswelt.
In seinem letzten Lebensjahrzehnt waren es vor allem die hinter der Digitalisierung der Welt sowie hinter der (zu Unrecht so genannten) «Künstlichen Intelligenz» (KI) stehenden Kräfte, die Nicanor beschloss, nach Kräften zu durchdringen und sich ihrer Machtübernahme entgegenzusetzen. Er lebte und recherchierte dafür längere Zeit in den USA, vor allem im Silicon Valley. Nicanor beschäftigte dabei besonders die Frage, was wir an menschlichen Qualitäten entwickeln und den Maschinenkräften entgegensetzen können, um sie zu beherrschen und nicht von ihnen beherrscht zu werden (s. Nicanor Perlas: Künstliche Intelligenz - so können wir überleben. Eine Zukunft durch Anthroposophie.)

Nicanor wurde bald zum vielleicht wichtigsten Umweltaktivisten der Philippinen und zu einer weltweiten Schlüsselfigur im Bemühen um eine partizipative Gestaltung der Globalisierung auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Seine Vorträge fanden weltweites Interesse, seine Bücher in vielen Ländern Leser. Solange möglich war er rund um die Erde aktiv. So trafen auch wir uns im gemeinsamen Engagement für eine grundlegende gesellschaftliche Transformation im Sinne der Sozialen Dreigliederung und ich lud ihn zuletzt im Namen der Sektion für Sozialwissenschaften 2019 zum großen Zukunftskongress aus Anlass von «100 Jahre Dreigliederung» ein. Wir sahen einander in größeren Abständen, wussten uns dabei aber geistig umso mehr verbunden. Nicanor war, wie auch seine Arbeit in allen ihren Aspekten, tief von der Anthroposophie Rudolf Steiners und seiner Idee der Dreigliederung des Sozialen Organismus durchdrungen.

Gerne will ich dies Gedenken an Nicanor damit verbinden, noch einmal einen zentralen Gedanken aus seinem ganz eigenen Umgang mit der Dreigliederung zu würdigen. Nicanor stand für ein globales, modernes, dynamisches und integrierendes Dreigliederungsverständnis. Dabei erblickte er den entscheidenden Akteur des Wandels in der erst seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts lokal und global vernetzten Zivilgesellschaft. Nicanor: «Diese Zivilgesellschaft (ist) die wichtigste soziale Neuerung des 20. Jahrhunderts. Sie kommt an Bedeutung der Errichtung der Nationalstaaten zu Beginn des 17. Jahrhunderts oder dem Aufkommen moderner Marktwirtschaften im 18. Jahrhundert gleich.[1]» Als ihre Praktiken und Normen sah er Assoziation, Selbstorganisation und organisierte Kommunikation. Erst durch diese ausgleichende dritte Kraft gegenüber Staat und Markt könne ein Prozess hin zu einer gesellschaftlichen Dreigliederung von Politik, Kultur und Wirtschaft entstehen, während diese sonst unter dem Einfluss der Globalisierung neoliberaler Prägung einseitig und verformt sei, dem Markt die Vorherrschaft einräume und die anderen Bereiche versklave.[2]

Nicanor hielt eine breite Reflexion und bewusste Darstellung dieser neuen Dreigliederung für geboten, damit die Zivilgesellschaft sich ihres Einflusses und ihrer eigenständigen Rolle als einer sozialen Kulturkraft bewußt werden könne. In dem Maße, in dem dies geschehe, entstehe bewusste Dreigliederung, die zur fortgeschrittenen Dreigliederung werde, wenn die Zivilgesellschaft ihre gesamtgesellschaftlichen Alternativen entwickele und präsentiere.[3]

Immer stärker setzte Nicanor Perlas sich in den letzten Jahren dafür ein, Globalisierung auch als eine spirituelle Aufgabe zu betrachten. Seine Impulse wurden weltweit wahrgenommen und waren für viele Menschen und Initiativen richtunggebend.

Immer wieder wurde Nicanor für seine weltweite Arbeit ausgezeichnet. So war er Mitglied des Club of Budapest und Berater für Nachhaltige Entwicklung bei der UN. 2003 erhielt er den Right Livelihood Award (sog. «Alternativer Nobelpreis») für seine «vorzüglichen Beiträge zur Aufklärung der Zivilgesellschaft über die Auswirkungen der Globalisierung und dafür, wie Alternativen dazu verwirklicht werden können».

Nicanor Perlas hat für uns alle schon viele Schwellen überwunden. Gestern früh (Ortszeit) überschritt er in Bulacan (Philippinen) die Schwelle zur geistigen Welt. Danke, Nicanor, für dein Erdenwerk und -sein! Unsere guten Gedanken und Wünsche begleiten deine große Seele auf ihren weiteren Wegen.

In herzlichem Andenken,

Gerald Häfner

 

1) Perlas, Nicanor (2000): Die Globalisierung gestalten, S. 19
2) ebenda, S. 130
3) ebenda

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