FondsGoetheanum: Rudolf Steiner

Bodenfruchtbarkeit. Wie entwickelt sich die Bodenfruchtbarkeit bei konventioneller (IP-Suisse), organischer (Bio Suisse), biodynamischer (Demeter) Bewirtschaftung? Mit dieser Fra-
gestellung wurde 1978 der DOK-Versuch gestartet. Er wird von Agroscope und dem FiBL betrieben und liegt in Therwil bei Basel. Nach 46 Jahren Versuchsdauer mit tausenden wissen-
schaftlichen Messungen und Untersuchungen ergibt sich ein klares Profil für die drei Anbausysteme. Was die Bodenfruchtbarkeit betrifft, sieht man auf der abgebildeten Graphik die Entwicklung des organischen Kohlenstoffgehaltes, er gilt als wichtiger Indikator für die Bodenfruchtbarkeit. Einzig bei der Biodynamik stieg er an. Das kann man rein bodenchemisch nicht erklären, aber es ist eine wissenschaftlich festgestellte Tatsache.

Aspekte der Pärparate-Herstellung

Hornmist (500 und 500P)

Baldrian (Valeriana officinalis) -507

Löwenzahn (Taraxacum officinalis) -506

Die Präparate

Goethe und der fortschrittliche, visionäre Bauer

Vor 250 Jahren, im Juni 1775, reiste der in jungen Jahren schon bekannte Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) in die Schweiz. Sein Ziel war aber nicht das Jungfraujoch, wie für viele Schweiz-Touristen heute, sondern er besuchte am 12. Juni einen Bauern. Dieser allerdings war «Top of Europe», was die Modernisierung der Landwirtschaft betraf.

Beim Bauern handelte es sich um Jakob Gujer, genannt Kleinjogg1), vom Katzenrütihof bei Rümlang im Kanton Zürich. Was wollte der grosse deutsche Dichter, der ja Namensgeber des FondsGoetheanum ist, bei dem offensichtlich fortschrittlichen Schweizer Bauern?

Kleinjoggs grosse Gabe bestand bei näherem Zusehen darin, dass er sich auf sein eigenes Beobachten und Denken verliess. Er kam zum Schluss, dass die traditionelle Landwirtschaft nicht gut ist für den Boden und den Bauern. Er stellte um. Er fing an, Luzerne und Klee anzubauen. Er führte die neue Kultur der Kartoffel ein. Er probierte verschiedene Materialien als Einstreu im Stall aus, um einen gut düngenden Mist zu bekommen. Er verbesserte seine tonigen Böden durch die Beigabe von Sand aus einer eigenen Sandgrube. Kurz, er brachte die Aufklärung auf das Land. Er brach mit den Traditionen und folgte dem gesunden Menschenverstand.

Der Landwirtschaftliche Kurs von Rudolf Steiner

150 Jahre später war Goethe wieder dabei. Nicht direkt, aber indirekt. Denn als 1924 der visionäre Landwirtschaftliche Kurs mit seinen acht Vorträgen auf dem grossen Gut Koberwitz im heutigen Polen stattfand, war der Redner Dr. Rudolf Steiner, ein Goethe-Kenner durch und durch. Hatte er doch in jungen Jahren die naturwissenschaftlichen Schriften Goethes herausgegeben. Basierend auf dem «Goetheanismus» hat sich Rudolf Steiner ein sehr breites Wissen angeeignet und vor allem auch bei seinen Forschungen vor der spirituellen Welt nicht Halt gemacht. Dass das Spirituelle im Irdischen wirkt und wie es wirkt, hat er dargestellt in seiner Anthroposophie. Menschen aus verschiedenen Tätigkeitsfeldern, zum Beispiel aus Pädagogik, Kunst und Medizin, hatten von ihm inspirierende Anregungen bekommen für ihre Arbeit.

Nun fragten auch die Bauern an, denn sie hatten grosse Probleme mit der Wirtschaftlichkeit, der Bodenfruchtbarkeit, der Gesundheit von Pflanzen und Tieren. So kam es 1924 zum Landwirtschaftlichen Kurs, aus dem die biodynamische Landwirtschaft mit den Demeter-Produkten hervorgegangen ist.

Heute gibt es 430 biodynamische Betriebe in der Schweiz. Was sie machen, ist ähnlich innovativ wie Kleinjoggs Handeln zu seiner Zeit. Und nicht alles kann mit dem traditionellen Denken verstanden werden. Steiner war sich dessen bewusst, und so sagte er im 5. Vortrag des Landwirtschaftlichen Kurses am 13. Juni 1924, wo es um die Präparate geht:

«Nicht wahr, all das erscheint heute wie verrückt – das weiss ich schon – aber denken sie doch nur einmal, was alles den Leuten bis heute in der Welt für verrückt erschienen ist, und was nach ein paar Jahren eingeführt wird. Sie hätten nur die schweizerischen Zeitungen lesen sollen, als einer davon sprach, dass man Bergbahnen bauen solle, was dem alles an den Kopf geworfen worden ist. Aber in kurzer Zeit waren die Bergbahnen da, und heute denken die Leute nicht daran, dass der ein Narr war, der sie ausdachte. Bei den Dingen handelt es sich also darum, die Vorurteile zu beseitigen.» 2)

Dr. Rudolf Steiner

Biodynamik in der Schweiz heute

Auf das Jungfraujoch - «Top of Europe» - führt inzwischen eine Bahn. Und wie ist es mit der Landwirtschaft? Wie viel ist Tradition und wie viel ist Innovation? Die biodynamische Landwirtschaft versteht sich als innovativer Beitrag für eine wirtschaftlich, ökologisch und sozial zukunftsfähige Landwirtschaft. Im Folgenden besuchen wir einige Kleinjoggs von heute, dabei folgen wir den grossen landwirtschaftlichen Themen: Bodenfruchtbarkeit, Pflanzenbau, Tierhaltung, Düngung, Produktqualität.

Bodenfruchtbarkeit. Wie entwickelt sich die Bodenfruchtbarkeit bei konventioneller (IP-Suisse), organischer (Bio Suisse), biodynamischer (Demeter) Bewirtschaftung? Mit dieser Fragestellung wurde 1978 der DOK-Versuch gestartet. Er wird von Agroscope und dem FiBL betrieben und liegt in Therwil bei Basel. Nach 46 Jahren Versuchsdauer mit tausenden wissenschaftlichen Messungen und Untersuchungen ergibt sich ein klares Profil für die drei Anbausysteme. Was die Bodenfruchtbarkeit betrifft, sieht man auf der abgebildeten Graphik die Entwicklung des organischen Kohlenstoffgehaltes, er gilt als wichtiger Indikator für die Bodenfruchtbarkeit. Einzig bei der Biodynamik stieg er an. Das kann man rein bodenchemisch nicht erklären, aber es ist eine wissenschaftlich festgestellte Tatsache.

«Die Steigerung des Humusgehalts ist eine generationenübergreifende Aufgabe. Der DOK-Versuch zeigt, dass die Verwendung von Mist-Kompost als zentraler Aspekt des Systemgedankens im biodynamischen Landbau zu Humusaufbau und hoher biologischer Bodenqualität führt.»

Dr. Hans-Martin Krause, Co-Leitung Gruppe Bodenfruchtbarkeit & Klima, FiBL

Pflanzenzüchtung. Welche Sorten haben wir zur Verfügung von Weizen, Sonnenblumen, Rüebli oder Äpfeln? Das ist eine Frage für die Pflanzenzüchtung. Seit 40 Jahren gibt es eine professionelle biodynamische Pflanzenzüchtung, die auf der goetheanistischen Pflanzenbetrachtung fusst. Eine davon ist die Getreidezüchtung Peter Kunz im zürcherischen Feldbach. Mit einer ganzheitlichen Betrachtung der Wuchsdynamik, der Kornbildung und der Reifung werden strenge Selektionskriterien festgelegt. Damit können die Erfolg versprechenden Zuchtlinien selektiert werden. Die Besten werden dann zur offiziellen Sortenprüfung angemeldet. Ein gutes Dutzend Weizen- und Dinkelsorten sind seit vielen Jahren in der Schweiz und anderen Ländern zugelassen. Sie werden auf über zehntausend Hektaren angebaut und zu Brot verarbeitet. Am beliebtesten ist die Weizensorte «Wiwa», sie bringt jährlich monetäre und nichtmonetäre Mehrwerte für die Bäuerinnen, die Müller, die Bäckerinnen und die Konsumenten.

«Biodynamische Züchtung ist wie eine Handwerkskunst lernbar. Die sorgfältig gepflegte

Verbindung mit den Pflanzen eröffnet und schafft Entwicklungsräume. So lässt sich innovatives Potenzial der Pflanze erkennen und freilegen. Verbunden mit der biodynamischen Pflege im Anbau zeigen die Pflanzen Gesundheit, Resilienz und nachhaltig hohe Leistungen.»

Peter Kunz, Getreidezüchter

Tierhaltung. Zum biodynamischen Betrieb gehören Tiere. Am wichtigsten sind die Wiederkäuer, allen voran die Kühe. Sie fressen fast ausschliesslich Gras, Klee und Luzerne und können sie mit ihren vier Mägen verdauen. Dadurch sind sie die perfekte Ergänzung zum Menschen, der höherwertige Nahrung braucht. Bei der Verdauung der Kuh, die wie ein mikrobielles Hochleistungslabor funktioniert, entsteht der Mist. Mist ist der wertvollste Dünger und für den Biodynamiker Gold wert. Sorgfältig kompostiert und dann auf die Felder ausgebracht schliesst er den Kreislauf des Betriebes. Es entsteht eine positive Rückkoppelung und dadurch entwickelt sich über die Jahre ein betriebsspezifisches Bodenmikrobiom. Seit Jahrzehnten arbeitet eine Gruppe von biodynamischen Rindviehzüchterinnen und Rindviehzüchter an den Fragen der hofeigenen Haltung, Fütterung und Zucht. Dabei sind so sensible Themen wie Kälberaufzucht, Stierhaltung, Laufställe für horntragende Kühe, Langlebigkeit der Kühe und Hofschlachtung in der Praxisforschung innovativ entwickelt worden.

«Wichtig ist die Forschung zusammen mit den Tieren, nicht über sie, wie dies im Landwirtschaftlichen Kurs schon vorgemacht wurde. Praxisforschung zeigt aber immer Ergebnisse vom Einzelbetrieb oder vom Einzeltier und die Herausforderung besteht darin, zu sehen, was verallgemeinerbar ist. Diese Forschungsarbeit geschieht in gegenseitigen Besuchen und Gesprächen zwischen den Betrieben und in statistischen Auswertungen von Ergebnissen. So ist die Zusammenarbeit zwischen dem FiBL und den Betrieben ideal: Einige Praxismerkblätter 3) für alle Viehzüchterinnen und Viehzüchter sind so entstanden.»

Dr. Anet Spengler Neff, Co-Leitung Departement für Nutztierwissenschaften, FiBL

Düngung. Die Düngung ist die Gretchenfrage – um mit Goethe zu sprechen – der Landwirtschaft. Die Biodynamik verzichtet komplett auf leichtlösliche Mineraldünger. Woher kommt dann die Kraft für das Pflanzenwachstum und die Ertragsbildung? Vom Kompost aus dem Mist der Tiere und der Pflanzenreste. Aber es müssen auch neue Quellen erschlossen werden. Einerseits neue Quellen im Boden für die Pflanzenwurzeln und andererseits neue Quellen für die Photosynthese der Blätter. Die hofeigene Herstellung und Anwendung der beiden biodynamischen Präparate Hornmist und Hornkiesel sind die Antwort der Biodynamik auf diese Herausforderung. Wie bitte, was sollen diese Präparate? Sie sind pure Innovation. Nicht einfach zu verstehen, aber hoch wirksam. Im Bild gesprochen: Der Hornmist stösst von unten, der Hornkiesel zieht von oben, so wächst die Pflanze ausgewogen zwischen Erde und Himmel. Dazu kommen noch sechs Präparate, die in kleinen Mengen dem Kompost beigegeben werden. Damit wird dieser lebendiger, wacher, gesünder. Ausgebracht auf die Felder, Wiesen, Weiden und auch im Garten fördert er ein harmonisches Wachstum und die Qualität der erzeugten Lebensmittel.

«Mit konsequenter und beharrlicher Arbeit finden wir im Naturzusammenhang Stoffe für die Düngung und die biodynamischen Präparate. Gelingt es uns, sie in den Rhythmus von Mond und Planeten zu stellen, so öffnet sich eine nie versiegende Kraft und Gestaltungsquelle für die Pflanzenwelt.»

Andreas Würsch, Demeter-Bauer

Produktqualität. An den steilen Hängen des Bielersees wachsen die Reben von Anne-Claire Schott. Unter den Blättern entwickeln sich die Trauben und bis zum Herbst hat sich das volle Leben über die Physiologie der ganzen Rebenpflanze in der Qualität der Traubenbeeren konzentriert. Jetzt entsteht der Wein. Im Wein schmeckt man das «Terroir», die verwandelte Kraft des Weinberges. Viele biodynamische Weine sind hoch dotiert und gehören zu den besten Weinen der Schweiz. Das Geheimnis? Die Biodynamik im Weinberg, der Verzicht auf Chemie, die Anwendung der Präparate, die Berücksichtigung der kosmischen Rhythmen und die pflegende Hand der Winzerinnen und Winzer sind die Grundlage für die Qualität. Beim Wein kann man das degustieren, bei vielen Lebensmitteln ist es etwas versteckter. Aber die Qualität bei Demeter-Lebensmitteln ist durchgängig da, vom Weinberg ins Glas und vom Acker auf den Teller.

«Die ganzheitliche Bewirtschaftung meines Weinbergs ohne Pestizide und Mineraldünger ist mir sehr wichtig. Die biodynamischen Präparate sowie Heilpflanzentees und -sude unterstützen das, denn sie stärken die Reben und bringen die Trauben zu ihrem vollen Ausdruck. Die vielfältigen Aromen im Wein widerspiegeln dann den einzigartigen Geschmack des Terroirs und des Jahrgangs.»

Anne-Claire Schott, Winzerin

Fazit. Die Biodynamik ist eine weltweite Bewegung. Auf allen Kontinenten, in allen Klimazonen und in allen Kulturräumen gibt es Pionierleistungen dieser Zukunftslandwirtschaft. Die biodynamische Landwirtschaft ist ein universeller Samen, der zum Leben und Blühen kommt, wo Menschen ihn zum Wachsen bringen wollen, an jedem individuellen Ort, ob Hof oder Garten.

Die Erde als Lebewesen zu pflegen und zu entwickeln durch unserer Hände Arbeit ist die Vision der Biodynamik. Dazu hat Rudolf Steiner mit der Anthroposophie und dem Landwirtschaftlichen Kurs den Zukunftsraum erschlossen.

Ueli Hurter,
Goetheanum, Sektion für Landwirtschaft

Foto: Xue Li

«Biodynamik verbessert die Bodenfruchtbarkeit.»

 

Quellenangaben

 

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