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«Man wird in weitesten Kreisen der Welt in verhältnismäßig gar nicht langer Zeit dasjenige, was sogar hier vielfach heute verleugnet wird von älterer mitteleuropäisch-geistiger Gesinnung, mit Sehnsucht ergreifen.» (Rudolf Steiner) Eine Betrachtung zum Kriegsjahr 1916 und zu Rudolf Steiners Einsatz in ihm – sowie zur Gegenwart des Jahres 2016, zu Navid Kermani, zu den Flüchtlingsströmen, europäischen Abgründen und Chancen.

Peter Selg, Rudolf Steiner 1916 und die Herausforderung der Gegenwart, Arlesheim, Verlag des Ita Wegman Instituts, 2016.

 

Die Jahre bis 1913

 

1897 – 1900 Rudolf Steiner war Herausgeber und Redakteur des "Magazin für Literatur" und der "Dramaturgischen Blätter", dem offiziellen Organ des Deutschen Bühnenvereins. Es erscheinen hier und auch in anderen Zeitungen zahlreiche Aufsätze zu literarischen und philosophischen Fragen von ihm sowie Theaterkritiken und Buchbespechungen.

1898 - 1905 Er hält Vorträge in der "Freien Literarischen Gesellschaft", im "Giordano Bruno-Bund", und im Literatenkreis "Die Kommenden", dessen Leitung er nach dem Tod Ludwig Jacobowskis übernimmt. Er hat Begegnungen u.a. mit Else Lasker-Schüler, Peter Hille, Stefan Zweig, Käthe Kollwitz, Erich Mühsam, Paul Scheerbart, Frank Wedekind sowie mit den "Friedrichshagenern". Freundschaften schliesst er mit Ludwig Jacobowski und Otto Erich Hartleben. Seine Eheschließung mit Anna Eunike findet 1899 statt; sie stirbt 1911.

1899 - 1904 Er übt die Lehrtätigkeit an der von Wilhelm Liebknecht begründeten Arbeiterbildungsschule in Berlin aus, ab 1902 auch in Spandau. Seine Lehrfächer sind: Geschichte, Redeübungen, Literatur, Naturwissenschaft. Begegnung u.a. mit Kurt Eisner und Rosa Luxemburg.

1900 Sein erstes Band "Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert" erscheint; ein Jahr später folgt der zweite Band. Von ihm über berarbeitet und erweitert erscheint dieses Werk 1914 unter dem Titel "Die Rätsel der Philosophie". Ausserdem hält er Vorträge in der Theosophischen Bibliothek über Nietzsche und Goethes "Märchen" und beginnt im Herbst den Vortragszyklus "Die Mystik". Ausserdem findet die erste Begegnung mit Marie von Sivers statt, die ab 1902 Steiners engste Mitarbeiterin wird. Sie hatte zuvor eine Ausbildung in Rezitationskunst am Pariser Konservatorium und in dramatischer Kunst in Petersburg absolviert. Ausserdem war sie Übersetzerin mehrerer Werke von Edouard Schuré.

1901 - 1902 In den Folgejahren erscheint "Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zu modernen Weltanschauungen". - Auch der zweite, 1901/02 in der Theosophischen Bibliothek gehaltene Vortragszyklus erscheint überarbeitet in Buchform unter dem Titel "Das Christentum als mystische Tatsache". Steiner wird Mitglied der Theosophischen Gesellschaft und ab Oktober 1902 Generalsekretär der Deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft. Hier findet die Begegnung mit Annie Besant statt.

1902 - 1904 Rudolf Steiner übernimmt eine Lehrtätigkeit an der von den "Friedrichshagenern" Bruno Wille und Wilhelm Bölsche gegründeten Freien Hochschule

1902 - 1912 Zusammen mit Marie von Sivers beginnt Steiner den Aufbau theosophischer Logen im In- und Ausland. Rudolf Steiner hält sowohl öffentlich als auch im Kreise der Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft Vorträge. In dieser Zeit findet auch die Begründung, Herausgabe und Redaktion der Monatsschrift "Luzifer", später "Lucifer-Gnosis" (1903) statt. Dort erscheinen grundlegende Aufsatzfolgen, darunter: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? / Aus der Akasha-Chroik / Theosophie und soziale Frage / Die Erziehung des Kindes / Die Stufen der höheren Erkenntnis. Diese Aufsätze erscheinen später auch in Buchform. Steiner pflegt einen aktiven Austausch und Freundschaft mit Christian Morgenstern und Edouard Schuré. Er hat auch Begegnungen mit Wassily Kandinsky. Jeweils im Winterhalbjahr (ab 1903/04) hält er öffentliche Vortragsreihen im Berliner Architektenhaus, u.a.: Ursprung und Ziel des Menschen / Metamorphosen des Seelenlebens / Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins.

1904 Es erscheint das für die Anthroposophie zentrale Werk 'Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung'.

1910 Die Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse zu kosmologischen und evolutionsgeschichtlichen Fragen erscheint in dem Werk 'Die Geheimwissenschaft im Umriß'.

1910 - 1913 Die Uraufführungen seiner insgesamt vier Mysteriendramen finden unter seiner Leitung in München statt. Rudolf Steiner legt seinen Entwurf eines Gebäudes (Johannes-Bau) für künstlerische Aufführungen und Veranstaltungen der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft dar. Die Realisierung dieses Projektes in München-Schwabing scheitert am Widerstand einiger Anlieger und der Behörden. Es erscheinen die Werke: Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit / Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen / Die Schwelle der geistigen Welt . Das 1910 begonnene Werk 'Anthroposophie' bleibt unvollendet. Intensiv beschäftigt er sich mit der Sinneslehre. In Köln findet 1911 eine erste Begegnung mit dem russischen Schriftsteller Andrej Belyj ("Petersburg") statt, die Belyjs Leben und Werk nachhaltig prägen sollte. In Prag hat Steiner Begegnungen mit Franz Kafka und Hugo Bergmann, dem von 1935 –1938 ersten Rektor der Hebräischen Universität in Jerusalem. Steiner beginnt mit der Entwicklung einer neuen Bewegungskunst, der Eurythmie (1911). Im Herbst hält er bereits den ersten Eurythmie-Kurs in Bottmingen b. Basel. In den folgenden Jahren findet zusammen mit Marie von Sivers die Weiterentwicklung der Eurythmie zur Bühnenkunst statt. In den Jahren 1912 /13 verfolgt die Trennung von der Theosophischen Gesellschaft und Gründung der Anthroposopischen Gesellschaft sowie weitere Vorträge in verschiedenen Städten des In- und Auslandes über Reinkarnation und Karma / Evangelien / Leben zwischen Tod und neuer Geburt / Mysterien-Geschichte / Sinneslehre / Evolutionsgeschichte u.a. -  Rudolf Steiner baut zusammen mit Marie von Sivers anthroposophischer Zweige im In- und Ausland auf.